Medienangebot in Haftanstalten 1996

Kurzfassung der Umfrageergebnisse

Zeitungen

Nach § 68 StVollzG dürfen Gefangene Zeitungen und Zeitschriften beziehen; ausgeschlossen sind lediglich Erzeugnisse, deren Verbreitung auch außerhalb der Haftanstalt mit Strafe oder Geldbuße bedroht sind. Trotz dieser prinzipiellen gesetzlichen Erlaubnis ist der Bezug von Zeitungen oder Zeitschriften in Haftanstalten ein Problem. Das können wir uns „draußen“ kaum vorstellen, weil wir täglich mit einem Überfluß an Informationsangeboten konfrontiert sind. Die große Einschränkung entsteht durch die Festlegung auf den Abonnementbezug direkt vom Verlag. Da Gefangene bei ihrem knappen Monatsverdienst kaum Geld zur Verfügung haben, sind Zeitungen und Zeitschriften ohne die Unterstützung durch Dritte unerschwinglich.

Wer könnte oder sollte Gefangenen Zeitungen und Zeitschriften kostenfrei zur Verfügung stellen? Die Haftanstalten bieten Presseerzeugnisse nur in sehr begrenztem Umfang an. 31 % der Anstalten finanzieren überhaupt kein kostenloses Angebot an Zeitungen und Zeitschriften. Die restlichen Anstalten stellen vor allem (regionale) Tageszeitungen und TV-Magazine kostenlos zur Verfügung. Kostenlose Zeitungsangebote für Gefangene gibt es außerdem in Form von kirchlichen Publikationen. In einigen Fällen stellt auch die regionale Presse der Umgebung einer Haftanstalt von sich aus ein Kontingent an Freiexemplaren zur Verfügung. In kleinerem Umfang finanzieren hin und wieder Vereine und Institute kostenlos Zeitungen.

Dieses von Dritten zur Verfügung gestellte Zeitungsangebot deckt aber bei weitem nicht den Lesebedarf von Gefangenen. Das verdeutlichen folgende Zahlen: in 45,2% der befragten Anstalten lesen zwischen fünf und fünfzehn Gefangene ein Zeitungsexemplar; bei ca. einem Drittel teilen sich sogar mehr als fünfzehn Gefangene eine Tages- oder Wochenzeitung. Lediglich bei einem Drittel der Haftanstalten wird eine Zeitung oder Zeitschrift von weniger als fünf Gefangenen genutzt.

Radio

Nahezu jede Haftanstalt verfügt heute über eine zentrale Radioanlage und/oder Radiogeräte, die Gefangenen überlassen werden können. Viele Gefangene haben auch eigene Radios. Das Problem einer zentraler Radioanlage ist die mangelnde Mitbestimmungsmöglichkeit der Gefangenen bei der Programmauswahl.

Bücher

Sofern Haftanstalten über einen Medienetat verfügen – das sind ca. 75% – fließt der größte Anteil des Geldes in die Anschaffung von Büchern (41%). Trotzdem sind über die Hälfte der Haftbüchereien in Deutschland mit einem Buchbestand von weniger als 3000 Exemplaren eher schlecht ausgestattet.

Fernsehen

Das Fernsehen hat in den letzten Jahren auch im Strafvollzug an Bedeutung gewonnen. Vor dem Fernseher absitzen? Die meisten Gemeinschaftsräume in den Haftanstalten sind mit einem Fernsehgerät ausgestattet. Auch Einzelfernsehgenehmigungen werden immer häufiger erteilt. Das führt zu einer neuen Situation: „Früher habe ich nicht so viel Fernsehen geschaut. Aber hier drinnen ist das für alle die Haupttätigkeit. Oft läuft der Apparat bei mir nur ganz nebenbei – Hauptsache, da ist jemand, der spricht.“ (aus: „Ein Leben auf nur 8 Quadratmetern“, Allgemeine Zeitung Mainz, 9.9.95)