Am 28. September ist der Tag des allgemeinen Informationszugangs

An diesem Gedenktag zur Förderung der Informationsfreiheit wird dieses Jahr eine Konferenz mit den Themenblöcken künstliche Intelligenz, e-Regierung und Informationszugang stattfinden. Diese Themenauswahl verdeutlicht zwei Seiten der Problematik für Gefangene.

Bei zwei der drei Themen haben Gefangene keine Partizipationsmöglichkeiten: künstliche Intelligenz und e-Regierung. In der Haft sind die Menschen von der digitalen Welt fast komplett ausgeschlossen. Große Ausnahme hier ist der Berliner Vollzug. Telio Communications GmbH wird in den Haftanstalten ein modernes Haftraummediensystem betreiben. Darin enthalten sind neben Telefon und Fernsehen auch moderne digitale Medien wie Internetzugang (eingeschränkt) und E-Mailing. Start in der ersten Anstalt Herbst 2022. In anderen Bundesländern ist die Situation grundverschieden.

„Vor meiner Haft war der Computer der alltägliche Begleiter, da ich als Informatiker tätig war. Aber natürlich auch für Medien wie Newsportale, YouTube oder Streaming-Dienste. Hier umtreibt mich auch vor allem die Frage, wieviel sich während der Haftzeit verändert hat und ob eine berufliche Rückkehr ohne große Probleme möglich ist.“ (Sebastian, JVA Bremen, 2022)

Beim dritten Thema, dem Informationszugang, sind die Gefangenen extrem eingeschränkt, es ist kein freier Internetzugang möglich.

Welche Informationsmöglichkeiten haben Gefangene? Radio, Fernseher und Zeitungen. Die verfügbaren Frequenzen und Kanäle sind von der Anstalt festgelegt. Die Gefängnisbüchereien haben begrenzte Mittel , sind oft veraltet und auch dort müssen die Inhalte zugelassen werden.

„Von Montag bis Freitag haben wir einen freien Zugang zur Bücherei. Diese lässt allerdings zu wünschen übrig. 95% der Fachbücher gehören auf den Müllhaufen der Geschichte, für Lehr- oder Ausbildungszwecke nicht mehr zu gebrauchen.“ (Thomas, JVA Tegel, 2022)

Viel verbreitet sich über Erzählungen, die Menschen von außerhalb der Mauern mitbringen und verändert sich mit der Weitererzählung. Zeitungen sind deshalb im Vollzug besonders wichtig.

„Als Inhaftierter habe ich zudem die Zeit um Zeitungen gründlich zu lesen- und sollte ich eines Tages mal freikommen, weiß ich zumindest ein stückweit, was sich in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten außerhalb der engen Gefängnismauern getan und verändert hat. Hierfür reicht es aber nicht aus, mal die „Tagesschau“ zu sehen oder die Nachrichten im Radio zu verfolgen (auch wenn das weitere wichtige Informationsquellen

sind), denn es sind die gedruckten Zeitungen, die Hintergrundwissen bieten und Themen vertiefen.

Im TV und Radio wird immer mehr auf schnell konsumierbare Info-Häppchen gesetzt. Ich halte das für problematisch. Dass z.B. die taz daran arbeitet, die Papierausgabe Mo-Fr zu streichen wird nicht nur von mir, sondern auch anderen Gefangenen mit Sorge beobachtet, denn zu viele Menschen im Land (erst recht in den Gefängnissen) würden dann von dieser Zeitung abgeschnitten.“ (Thomas, JVA Freiburg, 2022)

Ausführlicher gehen wir auf dieses Thema Digitalisierung in unserer aktuellen Broschüre „Digitalisierung im Vollzug – Sommer 2022“ ein.

Foto: Lena Sophie Zeller